Mietrecht: Kann der Vermieter noch 12 Monate nach Auszug des Mieters Schadenersatz verlangen?!?

Kann ein Vermieter die gesetzliche Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche, die er womöglich nach der Rückgabe der Mietsache gegen den Mieter hat, in einem Formular-Mietvertrag von 6 auf 12 Monate verlängern?!?

Der Fall:

Zwischen Frau M. und Frau V. besteht ein Mietverhältnis. Frau M. ist die Mieterin und Frau V. die Vermieterin. Es gibt auch einen schriftlichen Formularmietvertrag zwischen den beiden. In diesem Vertrag ist eine Vertragsklausel enthalten, die eine Verlängerung einer gesetzlichen Verjährungsfrist enthält. Das Gesetz regelt, dass Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderung oder Verschlechterungen der Mietsache in 6 Monaten verjähren. Nach dem Gesetz beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. In dem Mietvertrag war diese Verjährungsfrist nun 2-fach verändert: Zunächst wurde sie von 6 auf 12 Monate verlängert; ferner stellte die Vertragsklausel nicht auf die tatsächliche Rückgabe der Mietsache ab, sondern auf den Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Mietverhältnisses.

In der Sache war es nun so, dass Frau M. die Wohnung Ende Dezember 2014 an Frau V. zurückgab. Irgendwann danach stellte Frau V. dann fest, dass Frau M. die Wohnung nicht ordentlich zurückgegeben hatte, es waren Schäden und Verschlechterungen eingetreten. Sie wollte nun 16.000,00 € Schadenersatz von der Mieterin.

Diesen Schadenersatz machte sie aber erst im Oktober 2015 mit einer Klage geltend. Die Mieterin erhob in dem Prozess die Einrede der Verjährung. Sie verwies insoweit auf das Gesetz. Die Vermieterin, Frau V., meinte dagegen, dass es vorliegend nicht auf das Gesetz, sondern auf den Mietvertrag ankomme, in dem die Verjährungsfrist auf 12 Monate verlängert sei. Daher sei ihr Schadenersatzanspruch nicht verjährt.

Das Problem:

Die spannende Frage war, ob in einem Formularmietvertrag – der in aller Regel verwendet wird – zu Lasten der Mieter von der kurzen gesetzlichen Verjährungsfrist abgewichen werden kann oder nicht. Mit dieser Frage hatte sich nun das höchste deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH), zu befassen. In einem ganz aktuellen Urteil vom 08.11.2017 hat er dazu ein Urteil gesprochen…

Die Lösung:

Der BGH geht davon aus, dass das Gesetz und nicht der Mietvertrag gilt. Er hat geurteilt: Eine Regelung in einem Formularmietvertrag, durch die ein Vermieter die nach dem Gesetz vorgegebene 6-monatige Verjährung seiner Ersatzansprüche nach Rückgabe der Mietsache verlängert, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach den gesetzlichen Vorschriften unwirksam!

Die in dem Formularmietvertrag enthaltene Klausel erschwere den Eintritt der gesetzlichen Verjährungsfrist. Die kurze Verjährung sei aber durch berechtigte Interessen des Mieters im Rahmen der Abwicklung des Mietverhältnisses begründet. Der Mieter habe nach der Rückgabe der Mietsache an den Vermieter auf diese keinen Zugriff mehr und könne somit ab diesem Zeitpunkt regelmäßig auch keine beweissichernden Feststellungen mehr treffen. Dem gegenüber werde der Vermieter durch die Rückgabe der Mietsache in die Lage versetzt, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob ihm gegen den Mieter Ansprüche wegen Verschlechterung oder Veränderung der Mietsache zustehen und, ob der diese durchsetzen und gegebenenfalls innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist auch z.B. Klage erheben will.

Es sei nicht ersichtlich, dass diese Prüfung des Vermieters nicht regelmäßig in der vom Gesetz vorgesehenen 6-monatigen Verjährungsfrist vorgenommen werden könne. Vor diesem Hintergrund sei es das ausdrücklich erklärte Ziel des Gesetzgebers gewesen, mit der kurzen Verjährungsfrist aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit zeitnah zur Rückgabe der Mietsache eine möglichst schnelle Erklärung über bestehende Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache zu erreichen.